Onlinemuseum "Drehrichter" Holzhau
Wir werden dokumentieren und zeigen:
- Die Historie seit etwa 1464, Erstnennung als "Bretmöhl, die an das Schloß Rechenberg zinste" (gepachtete Brettmühle / Sägewerk), einschließlich einer Liste der Pächter bis zur Neuzeit (1899/1903)
- Kauf der Firma 1899 bzw. 1903 durch Karl Herklotz
- Bauzeichnungen für ein neues Wasserrad (Staatsarchiv Dresden) von 1915, genehmigt, gebaut, 1916 in Betrieb genommen.
- Finanzielle Probleme treten ein. Um an Geld zu kommen, beschafft der Sägerwerksbesitzer Herklotz billiges, jedoch rotfaules Holz aus Böhmen. Er liefert das rotfaule Holz für den Bau des Postamtes Bienenmühle. Die Bauaufsicht der Post nimmt das schadhafte Holz nicht ab und verweigert die Zahlung. Endgültiger Bankrott des Sägewerkes Karl Herklotz.
- Nach 1920: Einbau einer neuen Lokomobile mit Dampfmaschine als Antriebskraft und zur Stromerzeugung.
- Nach 1920: Weiterführung des Sägewerkes durch Sohn Paul Herklotz. Auch er führt das Unternehmen in den Konkurs.
- Übernahme durch die Gebrüder Tippmann, wobei bis heute nicht geklärt ist, welche Schuld (Vorsatz) diese Personen an den Insolvenzen der Vorbesitzer hatten. Es ist überliefert, dass es "ausgekochte Brüder" gewesen sein sollen.
- Mehrere Gemeinderatsprotokolle aus der Zeit vor 1930, Anmerkungen zur Tippmann-Stiftung
- 1927: In einem Gemeinderatsprotokoll werden die Namen "Neuber" und "Franke" als Besitzer des Sägewerkes genannt
- 1928: Kauf des bankrotten Sägewerkes durch Emil Richter. Richter hatte im Jahre 1903 in Nassau ein Sägewerk gekauft. Er war Vater von 8 Kindern. Richter kaufte spaäter das gesamte Anwesen in Holzhau.
- Um das Sägewerk in die schwarzen Zahlen zu führen, wird eine Produktion von Holzwaren, vor allem gedrechselten Teilen, aufgebaut.
- Produktion von Drehteilen in riesigen Mengen, wie Stempelgriffe, Kaffeemühlengriffe, Griffe für Fleischwölfe, Möbelgriffe, auch für den Export
- Die Produktion von Drehteilen leitete Emil Richters Sohn Albert Richter.
- Zu dieser Zeit entstand der Nahme "Dreher Richter" bzw. der ortsübliche Begriff "Drehrichter", wenn man von diesem Betrieb sprach.
- Berufsausbildung zum Drechsler war in Holzhau möglich, Berufsausbilder: Erich Nötzel
- Historische Prospekte von Dampfmaschinen, Generatoren, Sägegattern, Holzbearbeitungsmaschinen aus dem Altbestand des Unternehmens
- Herstellung von Munitionskisten, Kriegsende 1945
- Der Holzhauer Schmied Willy Weller baut eine Brücke über den Mühlgraben, um den Holztransport zu vereinfachen
- Nach 1946 wird eine Lehrwerkstatt eingerichtet, damit auch in Zukunft Fachleute zur Verfügung stehen. Lehrausbilder ist Herbert Hüttel. Sechs Lehrlinge sind im Betrieb. Die Lehrwerkstatt dient auch der Produktentwicklung sowie dem Musterbau.
- Das Produktsortiment seit Beginn des Möbelbaus im Jahre 1949 (Historische Prospekte, Fotos, Montageanleitungen, Zeichnungen... / Mehrere Ordner und Fotoalben)
- Schultische, Schulbänke
- Bettgestelle für Krankenhäser
- Kabeltrommeln für das Kabelwerk Oberspree
- Nähmaschinenschränke für die Nähmaschinenfabrik Altenburg
- Massivholzküchen: Die Massivholzküchen wurden den Holzhauer Möbelbauern regelrecht aus den Händen gerissen. Man verkauft sie an Möbelgroßhändler, Konsum und die HO Sachsen. Überliefert ist die Aussage des damaligen Betriebsleiters Siegfried Hetze gegenüber dem Ortschronisten Egon Bellmann: "Wenn wir dringend Geld brauchten, haben wir auch direkt an den Endkunden verkauft." Die erfolgreichen Küchenmöbel aus Holzhau bringen den kleinen Betrieb an seine Grenzen: Es gibt ab einem gewissen Punkt nicht mehr genügend Lagerflächen, um Holz zu trocknen.
- Der Wohnzimmerschrank Modell "Holzhau" wird acht Jahre lang für den Export in die Sowjetunion produziert. Die technische Herausforderung an diesem Möbel besteht darin, dass der Schrankaufsatz an den Außenseiten um 90 Grad gebogene Glasscheiben haben soll. Dem Vorhaben ging ein Treffen mit dem Chefeinkäfer des "Konsum" voraus. Dieser regte an, ein solches Möbel zu bauen. Die Produktentwicklung fand danach in Holzhau statt.
- Im Jahr 1955 schafft das Unternehmen einen Wohnwagen an. Es gelingt, ihn dauerhaft auf dem Zeltplatz in Baabe (Insel Rügen) aufzustellen. Es ist einer der ersten Wohnwagen auf dem Zeltplatz Baabe. Ab diesem Zeitpunkt können die Angestellten der Firma Urlaub an der Ostsee machen.
- Wohnzimmermöbel "553" in Mahagon-Sapeli, später Teak furniert, Export nach Polen, Tschechien, Ungarn
- 1960 entwickelt das Holzhauer Möbelwerk, gemeinsam mit der Lackfabrik Zeitz, ein Verfahren zur Verarbeitung von Polyesterlacken in der Holzindustrie. Die beiden Unternehmen stehen seit 1899 in einer Geschäftsbeziehung. Um das Projekt erfolgreich zu realisieren, sind die Lackentwickler ständig in Holzhau vor Ort. Es entsteht der erste Betrieb in der DDR, der hochglanzpolierte Möbeloberflächen herstellen kann. (Lange vor dem Möbelkombinat Zeulenroda, welches bis 1989 hochglanzpolierte / geschwabbelte) Möbel für den Export in die Sowjetunion fertigt)
- Aufbau einer Lackgießerei
- Der Schrägaufzug zur Verbindung der Firmengebäude
- Das Unternehmen beschäftigt zunehmend Frauen. Um ihnen eine Arbeit in Vollzeit zu ermöglichen, werden Waschmaschinen angeschafft. Ab diesem Zeitpunkt können die Mitarbeiterinnen ihre Wäsche mit zur Arbeit bringen und Strom sowie Wasser des Unternehmens nutzen.
- Schrankwand Modell "453" ab 1971
- Enteignung und Verstaatlichung 1972
- Devisen für die DDR: Produktion von Möbeln für IKEA, OTTO, QUELLE, Grossbritannien und Frankreich
- Schrankwand Modell "5036", dreiteilig, nur für Export ab 1972
- Schrankwand Modell "5036", fünfteilig, nur für Export ab 1973
- Modell "CAVALCADE" ab 1976, Produktion für Philip Lait (Großbritannien). Lait kam mehrmals persönlich nach Holzhau. Er beschaffte auch fehlende Maschinen, die es in der DDR nicht gab. Für die Holzhauer war es immer ein Ereignis, wenn Lait anreiste.
- Eingliederung als Bereich 3 der "Holzindustrie Bienenmühle", VEB Möbelwerk Hainichen, Möbelkombinat Dresden-Hellerau am 1.1.1976
- Am 29.8.1977 wurde in Holzhau der 10 000ste Schrank aus der CAVALCADE-Produktserie gebaut.
- Ab Sommer 1977 wird parallel das Modell "Brighton" gefertigt - nur für den Export nach Frankreich
- Am 13.12.1977 konnten die staatlichen Planvorgaben erfüllt werden.
- Private Fotos der Mitarbeiter, des Maschinenparks, des baulichen Zustands
- 1979 werden 11011 Möbel des Modells "Brigitta" gefertigt. Exklusiver Abnehmer ist wieder Philip Lait, Grossbritannien.
- Am 2.4.1980 kappt ein LKW mit Container bei der Abholung von Möbeln ein Spannseil, welches den maroden Schornstein hielt. Es war Winter, durch die Schneesituation war auf dem Firmengelände sehr wenig Platz. Der Schornstein war provisorisch aus Blech gefertigt. Er knickte mehrmals und fiel sofort um. Wir dokumentieren den Bau des "kleinsten Industrieschornsteins, den die Firma Oppitz Schornsteinbau aus Rechenberg jemals gebaut hat", die wirtschaftliche Situation der Unternehmen in der DDR und die Abmachung: "Wir bauen Euch einen neuen Schornstein, wenn Ihr uns Büromöbel für unsere Firma bauen könnt."
- Modell "Aquitaine" (Ausschließlich Export Frankreich)
- Schrankwand Modell "Christin" (Verkauf per Otto / Quelle / Genex u.a.)
- Hochwasser vom 9.8.1982
- 1983 werden in Holzhau Möbel im Wert von 9,543 Millionen DDR-Mark produziert. Das entspricht einer Tagesproduktion von reichlich 38000 DDR-Mark. Damit ist die These, Holzhau habe seit jeher vom Tourismus gelebt, relativiert. In der Möbelfertigung gibt es keine saisonalen Pausen.
- Ab 1980 starker Verfall des Unternehmens, Rückgang der Produktivität durch defekte Dächer, unebene Böden usw.
- Hochwasser vom 2. bis 5. August 1983
- Vom 13. bis 30. Juli 1984 wurden in Holzhau keine Möbel ausgeliefert, weil in Liverpool die Hafenarbeiter streikten.
- Am 24.11.1984: Das Dach der Verladerampe wird bei einem Sturm stark beschädigt.
- 1982 werden vom Jugendzimmer "Conway 616" 10465 Stück produziert, was 115 Seecontainern entspricht. (Ausschließlich Export Großbritannien, Kunde: "MFI")
- 1982 werden vom Jugendzimmer "Conway 617" 6930 Stück produziert, was 14 Seecontainern entspricht. (Ausschließlich Export Großbritannien, Kunde: "MFI")
- 1984 werden vom Modell "Albany 121" (Schrank) 16383 Stück und von der Flachstrecke "Albany 122" 4963 Stück gefertigt. Davon gehen 8855 Schränke und 4775 Flachstrecken nach Grossbritannien, der andere Teil wird im Möbelfachhandel der DDR an die Bevöklerung vertrieben. Der Wert der in Holzhau gefertigten Möbel beträgt im Jahr 1984 insgesamt 10,141 Millionen DDR-Mark. Es entspricht einer Tagesproduktion von etwa 42000 DDR-Mark.
- Große Probleme bei der Beschaffung von Material. Wegen der maroden Maschinen und abnehmender Qualität der zugelieferten Produkte kommt es immer häufiger zu Problemen bei der Möbelfertigung.
- Am 14.Januar 1988 sperrte die Baupolizei das Obergeschoss im Altbau. Dort durften keine Bauteile mehr gelagert oder bearbeitet werden. Große Produktions- und Lagerflächen fallen weg.
- Das Unternehmen ist im Jahr 1988 nicht mehr in der Lage, die staatlichen Planvorgaben zu erfüllen.
- Pläne zur Sanierung des Unternehmens, Bauakten zur Erweiterung, Ersatzneubauten. Durch die politische Ereignisse von 1989 nicht mehr realisiert. 1 Aktenordner mit Projektierungsleistungen.
- Geschichte ab 1990, Reprivatisierung, Möbelmarkt, Entkernung, Brände, Abriß, Einebnung
- Im Februar 1990 werden die ersten Fundamente für die Erweiterung der Produktionsräume errichtet. Auftragnehmer ist die neu gegründete Baufirma Kreher. Nachdem die Nachfahren der früheren Besitzer bei der Treuhandanstalt einen Antrag auf Reprivatisierung stellten, wurden die Bauarbeiten beendet.
- Im Jahr 1990 endet die Ära der Möbelfertigung in Holzhau.
- Nach fast drei Jahrzehnten ist das ehemalige Möbelwerk nur noch am Schornstein zu erkennen. Er blieb als einziges bestehen (Stand 2021).